Originalbeschreibung

Auszug aus der Originalbeschreibung der Kunstuhr aus Strohhalmen (von 1928)

Dieses feine und kunstreiche Werk ist eine Arbeit von 15 Jahren. Der Erbauer ist der Schuhmachermeister Otto Wegener aus Strasburg in der Uckermark. Die Uhr besteht aus Roggenstroh, mit Ausnahme der Zahlen und der Zeiger, die aus Haferstroh gearbeitet sind.

Die treibende Kraft dieses Werkes ist ein Gewicht von 200 g Schwere, ein Strohkörbchen, in dessen Inneren sich ein Mechanismus befindet, der zum Aufzugsmechanismus der Uhr gehört. Auch dieser Mechanismus arbeitet ohne jede Feder, ohne Metall – nur aus Strohhalmen – bestehend – spielend leicht. Das Gewicht hängt an einer Kette ohne Ende, die oben um eine achtkantige, unten um eine runde Walze herrumgelegt ist. An der rechten Seite der Uhr befindet sich der Aufzugsknopf; durch Druck auf ihn wird die Uhr aufgezogen, das Gewicht hochbefördert.

Acht Pendel an der Rückseite hemmen den Gang. Sie bewegen sich nacheinander. Die unteren Teile der Pendel werden nach rechts herrübergetrieben und fallen wieder in Ihre alte Lage zurück. Das Rückfallen ist die eigene Kraft der Pendel, des Waagesystems. (Es findet hierdurch eine Verminderung der Schwerkraft statt.) Die Pendel werden unten links durch waagrecht stehende Halme, die die Regulierung bilden, angehalten. Verschiebt man diese nach links, dann haben die Pendel einen längeren Weg zurückzulegen und die Uhr geht langsamer, nach rechts geschoben, geht sie schneller.

Alles sind eigene Erfindungen und Berechnungen des Herstellers.

Das große walzenförmige Rad dicht hinter dem Zifferblatt ist das Stundenrad; es dreht sich in 12 Stunden einmal und führt den kleinen Zeiger, während das hintere obere Rad durch Übertragung den grossen Zeiger führt. Der kleine Zeiger ist an einem Halm mit großem Durchmesser befestigt, durch ihn hindurch geht ein ganz dünner Halm, der dem grossen Zeiger die Führung gibt. Die Forderfront, ein domartiger Bau, ist architektonisch sehr schön. Der Erbauer vereinigte hier romantischen Rundbogen – mit gotischem Spitzbogenstil.

Das Zifferblatt ist ein kleines Kunstwerk für sich. Die Halme sind auseinander geschnitten, plattgelegt und mit Strohklammern (ohne Klebemittel) zusammengehalten, die Minuten am Rande des Blattes sehr fein eingearbeitet. Die feine Arbeit der Zahlen und Zeiger ist zu beachten.

Rechts vom Zifferblatt befindet sich der Zeigerstellknopf. Man drückt auf ihn, um die Zeiger zu richten, der Knopf geht automatisch in seinen alten Stand zurück. Der Knopf in der Mitte der Forderfront ist zur Schonung der Kette angelegt. Durch Druck auf ihn wird die Kette vom Gewicht entlastet; der Mechanismus löst sich beimAufziehen selbsttätig aus. Die Stabilität desWerkes ist dadurch erreicht, dass die Halme wieder mit anderen Halmen ausgefüllt sind. (Stabilisierungsverfahren ineinander geschobener Röhren.) Die einzelnen Teile sind mit Strohstiften zusammengehalten und diese wieder mit ganz kleinen Strohstiften festgemacht.

Leim oder andere Bindemittel wurden nicht verwendet. Das Gerüst der Uhr ist ein Kunstwerk des Baufaches. Es sei nochmals bemerkt, dass sich keine Feder, kein Metall am oder im Uhrwerk befindet. Der interessante Mechanismus arbeitet spielend frei und leicht.

Dieses Wunderwerk ist nun bereits 21 Jahre alt und es ist noch keine Reparatur daran gewesen, auch noch keine Abnützung erkennbar. Ein einzig in der Welt dastehendes technisches Wunder!

aus “Beschreibung der berühmten Original-Kunstuhr” von 1928

Daten der Uhr in Kurzform   

Erbauer

Otto Wegener, 1869 – 1945, Schuhmachermeister in Strasburg/Um

Bauzeit

1892 – 1907

Material

Roggenstroh, innerer Kreis des Ziffernblattes Haferstroh

Größe

175 cm x 65 cm x 65 cm

Gewicht

ca. 2,5 kg

Laufzeit

ca. 6 Std., heute jedoch funktionsuntüchtig

Eigentümer

Schenkung von Günther Guiard 1999 an die Stadt Strasburg (Um.)